Christine Busta- Lyrik-Wettbewerb

Christine Busta-Lyrik-Wettbewerb

Ich bedanke mich im Namen des Österreichischen Schriftstellerverbandes bei allen Zusendern von Gedichten zum Christine Busta-Lyrik-Wettbewerb für ihr Vertrauen, bei den internen Begutachtern für ihre Mühe und bei der externen Begutachterin Frau Dr. Daniela Strigl für das Einbringen ihrer wertvollen Sehweise und profunden Erfahrung im Umgang mit Lyrik. Besonderer Dank gebührt Eleonore Zuzak, die über die interne Begutachtung zusammen mit Manfred Chobot, Dr. Elfriede Haslehner und Mag. Julia Rafael hinaus die umfangreiche organisatorische und administrative Arbeit gemeinsam mit Dr. Gabriela Schreder und Josef Zuzak besorgte.
Man kommt bedauerlicherweise um ein Auswahl- und Begrenzungs-Faktum nicht herum: selbst bei zehn vorgesehenen Preisen musste angesichts von 772 eingereichten Gedichten, von denen mindestens 200 einen beachtlichen Qualitätsstandard aufzuweisen hatten, der Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (sicherlich zumeist unverdient) ohne Preis-Zuerkennung verbleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Alfred Warnes
Präsident

GEDENKEN AN DIE DICHTERIN CHRISTINE BUSTA (1915 bis 1987)

Christine Busta wurde am 23. April 1915 mitten in den Nöten des Ersten Weltkriegs geboren, als uneheliches Kind einer jungen alleinstehenden Mutter ohne erlernten Beruf. Früh machte sie die Erfahrungen eines harten Existenzkampfes und des Einsamseins in der kärglichen Wohnung. Diese Erfahrungen spiegeln sich im herben Grundton ihrer Lyrik, in ihrem Mitgefühl für die Bedürftigen, die Geschlagenen und Ausgeschlossenen. Berichtet wird von zwei grünen Bettdecken, die Busta in ihrer Kindheit liebte und die ihrer Phantasie als Ersatz für Wiesen dienten, die sie nicht betreten konnte.
1929 wurde ihre Mutter arbeitslos. Christine Busta musste von nun an den Lebensunterhalt auf allerlei Art selbst verdienen. 1933 maturierte sie und belegte an der Wiener Universität einige Semester Anglistik und Germanistik. Gesundheitliche Gründe zwangen sie, das Studium abzubrechen. 1940 heiratete sie den Musiker Maximilian Dimt, der 1942 einrücken musste und seit  1944 vermisst ist – schmerzliches Ende von Bustas einziger Ehe. Nach dem Krieg arbeitete sie als Dolmetscherin und Leiterin eines Hotels für englische Besatzungsmitglieder.

1950 fand sie ihre berufliche Heimat als Bibliothekarin der Wiener Städtischen Büchereien. Im selben Jahr erschien ihr erster Gedichtband „Jahr um Jahr“. 1983 erfolgte ihre Pensionierung. Es entstanden letzte Gedichte, die im Band „Der Himmel im Kastanienbaum“ gesammelt sind. Christine Busta starb am 3. Dezember 1987 in Wien.
„Formal traditionsgebunden“, „volksliedhaft“, „verhaltener Tonfall“ sind kennzeichnende Etiketten für die Ausdrucksmittel, Natur in Gestalt der Tiere, Pflanzen und Steine, der Wolken, Winde und Wasser, Religion mit Bildern aus dem Evangelium und einem Gott, der zwischen gnadenvollem Beschützer und Tröster einerseits und strengem Gesetzgeber und unerbittlichem Richter andererseits schwankt, sowie menschliches Leid in allen Ausformungen von Demütigung und Geschlagenheit sind die thematischen Schwerpunkte ihres Lebenswerks.

Acht Lyrikbände, zwei Kinderbücher und eine Prosa-Legende umfasst das zu Lebzeiten publizierte Œuvre, eine Lyrikauswahl mit CD und ein Prosabuch folgten posthum. Eine Ausstellung zur 75. Wiederkehr des Geburtstages im Jahr 1990 (also bereits posthum) im Foyer des Hauptlesesaales der Nationalbibliothek und Dissertationen und Diplomarbeiten an österreichischen Universitäten zeugen von Resonanz und Weiterwirken. Der Titel der zeitlich letzten Befassung mit dem Werk „Sehnsucht nach Barmherzigkeit“ könnte als Motto und einprägsame Kurz-Charakteristik für dieses literarische Schaffen stehen. Anknüpfungs-Bekenntnisse findet man zur griechischen Mythologie mit den Gestalten Orpheus und Odysseus, Elektra und Antigone, an Gestalten aus den Dramen Shakespeares und an bedeutende österreichische Lyriker der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, an Rainer Maria Rilke und Georg Trakl.
Christine Bustas Bedeutung und deren Anerkennung spiegelt sich in Auszeichnungen wider: 1950 und 1961 Förderungspreis für Literatur der Republik Österreich, 1954 Georg-Trakl-Preis, 1963 Droste-Preis, 1969 Großer Österreichischer Staatspreis, 1975 Anton-Wildgans-Preis und 1981 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.
Alfred Warnes

DAS ANDERE SCHAF

(Zu Johannes X./16)

Ich weiß nicht mehr, wann ich zuletzt dich traf.
Es ist mir nur ganz fern im Ohr geblieben,
und irgendeiner hat es sogar aufgeschrieben:
du nanntest mich einmal dein andres Schaf.

Die frommen Lämmer fanden mich stets arg.
Doch keiner hat viel Müh an mich verloren,
und regelmäßig ward ich eines nur: geschoren.
Der Stall war schlecht und meine Weide karg.

Der Wachthund lag beim Feuer, satt, und schlief.
Der Wolf hat nur im fettern Pferch gestohlen.
Sie suchten mich auch nicht und kamen mich nie holen,
wenn ich mich um ein Hälmchen Gras verlief.

So blieb ich eines Tags für immer fort:
ein Schaf, allein und fremd den fremden Tieren,
verirrt und siech, doch immer noch auf allen Vieren
und heimlich hoffend auf dein Hirtenwort.

Nun hat der Winter jede Spur verweht.
Es zischt der Schnee: „Er hat sein Wort gebrochen.“
Doch sterbend hör ich, tief in nasses Laub verkrochen,
wie draußen einer unaufhörlich näher geht.


Christine Busta

Für „Das andere Schaf“ erhielt Christine Busta im Jahr 1984 als Mitglied der Gesellschaft der Lyrikfreunde den 1. Platz im Leserpreis-Bewerb zuerkannt.

Preisträger des Christine Busta-Lyrik-Wettbewerbs

  1. Preis – Elisabeth Escher: Zwischentraum
  2. Preis – Peter Paul Wiplinger: Blühend der Ginster
  3. Preis – Christian Teissl: Kurzer Bericht an einen Propheten
  4. Preis – Edeltraud Wiesmayr: familienzwänge
  5. Preis – Martin Tockner: leben hieß
  6. Preis – Malte Borsdorf: Staub Lose
  7. Preis – Hahnrei Wolf Käfer: wer dichten wollte
  8. Preis – Esther Hebein: fallender engel
  9. Preis – Irena Habalik: Ovid
10. Preis – Friederike Schwab: was weiter?



Zwischentraum

Den Zuckerguss
kratzt du von deiner Haut
am rauen Fell der Nacht
reibst du dich warm

mit einer Hand
fährst du dem Himmel
ins Gesicht
du löscht die Sterne aus
an Schattenworten
schleifst du
die Schwärze glatt

als bewohntest du
mein Gedicht

 

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