Rezension
Beppo Beyerl
Als das Leben noch in Ordnung war
Wiener Geschichten aus den 60er-Jahren
Wieser Verlag 2023, 280 Seiten
ISBN 978-3-99029-596-0
Beppo Beyerl erzählt in „Als das Leben noch in Ordnung war“ in 40 Kapiteln die Geschichte der Familie Petzl auf dem Hütteldorfer Cottage, auf Wienerisch als Koteesch ausgesprochen. Aber nicht nur die Familie Petzl, sondern auch die Hondraks, die Mälzers, die Ferzis und weitere Bewohner der Koteesch werden vom Autor porträtiert. Und zwar in den 1960er Jahren, wo sich Neureiche, Proletarier und Nazis beim Greißler und im Wirtshaus Plachowetz treffen.
Der Greißler Pust, der Wirt Plachowetz, der Hondrak, der Mälzer und der Ferzi sind Nazis, die sich freitags im Keller des Wirtshauses treffen, um SS-Lieder zu singen, Wein und Schnaps zu trinken und diverse NS-Büsten und -Utensilien zu verehren.
„… der Plachowetz zündete mit dem Feuerzeug die zwei linken und die zwei rechten zwanzig Zentimeter hohen Kerzen, dass genug Licht auf das Hitler-Bild in der Mitte fallen konnte.“
Die Ehefrauen dieser Herren leben ihr eigenes Leben, sind eher Kleinbürgerinnen als Nazis. Die Koteesch als ganz apartes und eigenständiges System. Die Kinder hingegen brechen in den späten 1960ern aus dem System aus, die jungen Männer haben längere Haare, die jungen Frauen tragen kurze Röcke und allesamt hören sie ausländische Musik, Beatles und Bob Dylan. Und als ein Petzl Sohn auftaucht und die alte Kerbisch- vulgo Hondrakvilla kauft, zudem Tschechisch studiert, gerät erst recht die Welt der Koteesch durcheinander. Als auch noch das Wirtshaus schließen muss (die Greißlerei war schon längst Vergangenheit) und in Eigentumswohnungen umgebaut wird, verschwindet langsam und nachhaltig der alte Geist der Neureichen und Nazis, um einem neuen Geist Platz zu machen.
Aber das wird wieder eine andere Geschichte sein.
Beppo Beyerl erzählt diese Geschichten in einer ganz eigenen Sprache, die jede Figur des Buches extrem lebendig erscheinen lässt.
Und bei aller Schonungslosigkeit, mit der er manche Personen beschreibt, kommt der Humor nie zu kurz. Ein amüsantes, kurzweiliges Buch, das immer wieder in die Hand genommen werden sollte, nein muss.
Rudolf Kraus (2024)