Rezension
Katrin Bernhardt
Auf bittere Haut geschrieben
Lyrik
editon lex liszt 12, Oberwart 2013, 92 Seiten
ISBN 978-3-990160503
Ein kleinformatiges, broschiertes Büchlein, sorgfältig gestaltet und mit einem Titelbild des Künstlers Josef Bernhardt versehen: Das ist der bereits im Jahr 2013 veröffentlichte Lyrikband von Katrin Bernhardt, die 1982 geboren wurde und in Wien und im burgenländischen Forchtenstein lebt. Das auf dem hinteren Buchdeckel abgedruckte Gedicht ist zugleich Einführung und Programm:
Geflügelt die Worte der letzten Zeit
als kämen die Geister jeher
und machten mich sprachlos
Geschliffen das Glas zur Messers Schneide
Die über den Tod Sprechenden
haben ihn nie gefühlt
Katrin Bernhard verwendet freie Rhythmen in strophenlosen Gedichten, die keine Titel tragen, sondern lediglich mit einer Initiale loslegen. Einzelne längere Texte sind jedoch in Abschnitte strukturiert. In den meisten Gedichten werden Satzzeichen ausgespart, allerdings beginnen offensichtlich neue Sätze mit einem Großbuchstaben.
Manches erzeugt einen gefühlvollen, geradezu idyllischen Rahmen, »Nebel aus den Wäldern« (S. 61), »Den Sonnenaufgang geschaut/den Mond geküsst und gestreichelt/das Lächeln ans Fenster gehaucht/dem Kaktus ›Gute Nacht‹ gesagt/(…)« (S. 68); doch häufig reißt ein abrupter Verweis auf die Vergänglichkeit und die Unbill des Lebens Leserinnen und Leser aus der heimeligen Szenerie: »(…) In den Wipfeln der Bäume/Im Gras unter dem Schnee/Tod (…)« (S. 60) oder »Verlegenheitskratzer am Rande der Erkenntnis/Totenstille/schnürt mir die Kehle ab« (S. 15). Dabei sind es zumeist die gewählten Worte, die einen frohen ersten Eindruck in Enttäuschung, Bitterkeit oder gar Schmerz wandeln.
Luftig
Dein weiches Bild
wird irreal
Ein Gedankenzug ausgelöscht
Irreal dein Haar
irreal deine Augen
Deine Schritte verhallen
In meiner Seele bleiben
die Abdrücke (S. 40)
Momentaufnahmen, Eindrücke und Gefühle. Aufwühlende Sätze wie »Ich schneide mir die Pulsadern auf/und ziehe die alte Hand/wie einen Handschuh ab« (S. 48) oder »Dahingesprengt das Blut./Die Haut in kleinen Fetzen vom Fleisch lösen.« (S. 74) Bilder und Metaphern kommen sehr direkt und manchmal brutal daher. In gewisser Weise spiegeln sie dadurch die Wirklichkeit, die das Schöne, Angenehme, Idyllische oft nur vorgaukelt, während dahinter Leid und Tod lauern.
Das folgende Gedicht erinnert mich in vielfacher Weise an die ausdrucksstarken und symbolhaften, mit zahlreichen Anspielungen an Biblisches und die jüdische Lebenswelt versetzten Verse von Paul Celan:
Nachtwende
Das jüdische Haus ist nicht mein
Und während das Schaben nicht still
kratzt er mir die Augen aus
Sei gelobt
auch wenn du mich befremdest
denn fremd ist die Wahrheit
und voller Wahrheit ist das Kind (S. 49)
AUF BITTERE HAUT GESCHRIEBEN verspricht eine fesselnde, aber aufwühlende Lektüre, in der sich die Autorin Katrin Bernhardt kein Blatt vor den Mund nimmt. Herausgegeben von edition lex liszt 12 als ästhetischer, handlicher Lyrikband.
Klaus Ebner