Rezension

Maria Gornikiewicz

Auferstehung

edition libica, Wien 2020, 75 Seiten

ISBN 978-3-903137-28-8

 

„Einen facettenreichen exemplarischen Rückblick in eine kindliche Lebenswelt der 1940er und 1950er Jahre in Wien“ und eine „rundum gelungene Geschichte mit viel historischem Tiefgang“ konzediert Günter Müller, Leiter der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen an der Universität Wien, dem Band. Gleichsam als Präludium stellt Maria Gornikiewicz ihren Erinnerungen ein Eichendorff-Zitat voran, das zum Ausgangspunkt einer launigen aphoristischen Suche nach dem Zauberwort wird. Doch kein Wort passt: „Ironie? Die hab‘ ich noch. Eitelkeit? Die wahrscheinlich auch…Einschränkung? Meine Kästen sind bummvoll, ich brauche eine Ausschränkung!“

Und dann geht’s los in eine geradezu bukolische Kindheit am Stadtrand von Wien, mit Mutter und Großmutter, eine sommerliche männerlose Heile-Welt-Zeit mit Ogroseln und Ziguri im Garten, zum Händewaschen gab es ein Lavoir, aber kein Fließwasser, als Beleuchtung Petroleumlampen. Die Selbsteinschätzung ist nüchtern: „dramhapperd“, ein „schüchternes, sehr langsames, aber ordentliches und stilles Tschapperl.“ Oder, wie Oma liebevoll zu sagen pflegte: ein „Foaferl“.

Die Erzählperspektive wechselt häufig vom Ich zur dritten Person und zurück, die unkapriziöse Sprache vermittelt Oral History. Da nimmt man auch „Frohnleichnahm“ natürlich nicht als Druckfehler, sondern als kindliche Interpretation eines für das Kind unverständlichen Begriffs. „Alles war so leicht, unkompliziert und harmonisch.“ Das setzt sich auch in der Stadtwohnung fort. Doch die Idylle erfährt Sprünge, als die Spannungen zwischen Mutter und Oma wachsen. Und als die Oma stirbt, tut das beim Lesen noch so richtig weh.

Die Politik bleibt außen vor. Alles Erleben handelt auf rein privater Ebene. Den zeitgeschichtlichen Hintergrund kann man getrost hinzu imaginieren. Und ja, ohne Bilder keine Erinnerung. Und doch die Conclusio: „Es waren Wörter, die meinen Orten Konturen verliehen haben.“ Gornikiewicz rettet in ihrem Buch die Wörter und die Erinnerung an die Orte. Und vor allem an besondere Menschen.  

 

Rezensent: Ewald Baringer

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