Rezension
Mark Klenk
Die bange Ungewissheit
Löcker Verlag 2025, 228 Seiten
ISBN 978-3-990982310
Karl verbringt seine Zeit am liebsten mit seinen Freunden Thomas, dessen Hund Strolchi, Maxi, der gelegentlich seinen kleinen Bruder Tommy mitbringt, und dem Gitarre spielenden Werner aus Hamburg mit ein paar Dosen Bier im Jonas Reindl, der Straßenbahnstation Schottentor. Obwohl er vor kurzem die Matura bestanden hat und gerne bildender Künstler werden möchte, kann er sich zu keiner anderen Aktivität als den Treffen mit seinen Freunden aufraffen. Nicht einmal die Besuche bei einer Therapeutin helfen. Es bedarf einiger einschneidender Ereignisse, um Karl aus seiner Lethargie zu reißen: Er lernt den offenbar unterstandslosen Friedl kennen, der ihm die Augen für die Schönheit der Welt öffnet. Von seiner Mutter stiehlt er Geld, um sich den Eintritt zu einer Ausstellung im Kunsthistorischen Museum leisten zu können. Dort trifft er Sarah. Die beiden verlieben sich ineinander, doch bald stellt sich heraus, dass Sarah die Schwester von Karls ehemaligem Schulkollegen Christoph ist, der Karl auch jetzt noch immer wieder in gewalttätige Konflikte verstrickt. Maxi rutscht unterdessen immer mehr ins Drogenmilieu ab. Als sein kleiner Bruder einmal ein paar der Tabletten erwischt, muss Karl mitansehen, wie der Bub vor eine U-Bahn stürzt. Schließlich setzt auch noch seine Mutter Karl vor die Tür, damit er sich endlich selbst um sein Leben kümmert. Und er schafft es: Er findet Arbeit als Küchenhilfe, Friedl, der Doch-nicht-Obdachlose, verschafft ihm einen Platz mit Wohnmöglichkeit und Uni-Zugang im Atelier eines anerkannten Professors an der Universität für angewandte Kunst. Und sogar Karls Mutter blüht auf, als sie Friedl kennenlernt und die beiden ein Paar werden. Selbst als Friedl stirbt, gibt Karl nicht auf, studiert weiter, entwickelt eine eigene künstlerische Sprache. Schließlich bringt er es sogar zu einer ersten Ausstellung. Nicht nur die Mutter ist stolz auf ihn – auch Sarah taucht unverhofft bei der Vernissage auf.
Mark Allen Klenk zeichnet in seinem Roman Die bange Ungewissheit das Portrait einer orientierungslosen Jugend. Karl und seine Freunde haben keine Eltern, die ihnen Halt geben könnten. Karls Mutter ist nach der aufreibenden Arbeit in einer Bar viel zu müde, um mehr zu tun, als rauchend am Küchentisch zu sitzen. Der Vater hat sich nie um sein Kind gekümmert. Maxis Eltern sind Alkoholiker und meistens nicht ansprechbar. So wissen die Burschen nichts mit ihrem Leben anzufangen. Erst als die Vater-Figur Friedl auftaucht, kann Karl Verantwortung für sein Leben übernehmen.
Unangenehme Situationen – Schlägereien, Alkoholexzesse – schildert Klenk schonungslos, schafft es aber auch, die Leserinnen und Leser die aufkeimende Hoffnung miterleben zu lassen.
Man merkt dem Text an, dass Deutsch nicht Mark Allen Klenks Muttersprache ist. Das erzeugt mitunter ungewohnte Formulierungen, die zum Nachdenken nicht nur über den Inhalt des Romans, sondern auch über den alltäglichen Sprachgebrauch und den Sinngehalt von Phrasen anregen. Hin und wieder hätte das Lektorat korrigierend eingreifen können, wenn manche Formulierungen gar zu offensichtlich aus dem Englischen übersetzt sind. Diese Unebenheiten wiegen aber wenig gegen das gewichtige Thema und eine Geschichte, die Hoffnung macht.
Sascha Wittmann (2025)