Rezension
Gregor Auenhammer und Gerhard Trumler
Die Brunnen Wiens
Eine feuilletonistisch-fotografische Expedition
Verlag Bibliothek der Provinz 2022, 416 Seiten
ISBN 978-399126-153-7
Brunnen dienen in erster Linie der Wasserversorgung, können aber auch Kunstwerke sein. Sie regen offenbar besonders und immer wieder dazu an, verziert zu werden. Davon gibt es in dem Buch „Die Brunnen Wiens“ zahlreiche Beispiele. Verschiedenste Brunnen werden auf großen und kleinen, schwarz-weißen und farbigen Fotos dem Leser präsentiert, aber auch sehr alte Brunnen, die nicht mehr existieren, in alten Stichen. Die Wasserversorgung war für jeden kleinen Ort ein wichtiges Problem, um so mehr für eine Stadt von der Bedeutung Wiens, und das schon zur Römerzeit. Seitdem wurde immer wieder versucht, die Stadt ausreichend und möglichst mit bestem Wasser zu versorgen. Die Brunnen Wiens haben also eine sehr lange Geschichte, mit vielen Mühen und Überlegungen verbunden, welche nicht immer zielführend waren. Wassernöte einerseits und Krankheiten wie die Cholera andererseits gehören ebenfalls zur Entwicklung der Wiener Wasserversorgung. Wasser wurde schließlich weither geführt, um das Problem zu lösen, zuerst die albertinische Wasserleitung um 1804, dann die Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung. Um 1835 wurde mit ihrem Bau begonnen. Die erste Wiener Wasserleitung folgte 1873 und schließlich die zweite Wiener Wasserleitung um 1910. Seitdem ist die Wasserversorgung Wiens weitgehend gesund und gesichert. Das Wiener Wasser hat sogar einen besonders guten Ruf als Wiener Hochquellenwasser.
Bis es so weit war, existierten in Wien jedoch ca. 10 000 Hausbrunnen von unterschiedlicher Wasserqualität. Neben der Trinkwasserversorgung war aber auch die Hygiene schon im Mittelalter ein Thema; darauf verweisen die vielen Badestuben, welche sich bis ins 19. Jahrhundert hielten. Das Stubenviertel hat noch seinen Namen davon. Begleitet wurde die reine Wasserversorgung durch Brunnen, die zunehmend künstlerische Gestaltung fanden. Der älteste original erhaltene öffentliche Brunnen Wiens stammt aus dem Jahr 1552, liegt im Zentrum Wiens, ist leicht zugänglich und leicht zu finden, nämlich im Schweizer Hof der Hofburg. Seine Dekoration ist noch relativ unauffällig und bescheiden. Das sollte sich mit der Zeit ändern: Es entstanden Prachtanlagen wie der Hochstrahlbrunnen, der Neptunbrunnen in Schönbrunn am Fuß der Gloriette oder der Brunnen im Belvederegarten.
Das Buch ist ein Spaziergang durch Wien von Brunnen zu Brunnen, großen und kleinen, von denen man viele schon gesehen hat, ohne sie weiters zu beachten oder Näheres von ihnen zu wissen. Es öffnet die Augen, informiert über zuweilen Erstaunliches, macht neugierig, wirft Fragen auf und stellt vielfältige Zusammenhänge her. Der Text folgt nicht der topografischen Ordnung, sondern folgt der Chronologie, aber immer wieder mit Rückblenden von der Gegenwart in eine Vergangenheit, in der sie verwurzelt sind, durch Baustil und Geschichte. Wasserversorgung, Architektur, Kunst und Politik stellen sich als eng miteinander verbunden heraus. Diesbezügliche Entwicklungslinien werden deutlich und sichtbar gemacht.
Der Kommentar schwankt zwischen ernsthafter Information und leichtfüßigen, zuweilen ans Poetische grenzenden Exkursen. Manche Leser werden es mögen, andere werden sich vielleicht weniger Abschweifungen, Humor und Ironie wünschen.
Bemerkenswert ist auch das Format des Buches, 30 cm hoch und etwas über ein Kilo schwer, was den Transport nicht ganz leicht macht, der Attraktivität, besonders der vielen großformatigen Fotos, jedoch zuträglich ist. An den Textteil ist ein Orts-, ein Personen- und ein Sachregister angeschlossen, mit deren Hilfe der Standort der Brunnen leicht gefunden werden kann, wenn man solches vorhat.
Bernhard Heinrich (2024)