Rezension

Karl Lubomirski

Der Garten des Leonardo

Gedichte

edition pen Band 197, Löcker, Wien 2021

ISBN 978-3-99098-090-3

 

Ein schlichtes Bändchen mit gewichtigem Inhalt liegt da vor, dessen gleichzeitige Leichtigkeit ein Fingerzeig sein mag, wo der Weg aus der Erdenschwere zu finden ist. Einfach gesagt: Karl Lubomirski schreibt schöne, wahrhafte, lebensechte und ehrliche Lyrik. Er ist ein Dichter.

Der Titel verweist auf den Garten des Leonardo da Vinci, der sich unweit von Santa Maria delle Grazie befindet, der Mailänder Kirche, in dem sein Letztes Abendmahl gleichermaßen von Kunstkennern und Schaulustigen betrachtet wird. Seinen Garten konnte Leonardo zeitlebens nicht genießen, wie ihm, dem Linkshänder, der in Spiegelschrift geschrieben hatte, nichts – damit meinte er selber kolossalen Ruhm und Ehre – so gelingen und glücken wollte. Wie sehr hatte sich Leonardo zu Lebzeiten verrechnet, wenn man seine heutige Weltberühmtheit bedenkt.

Lubomirski, der Tiroler, der sich 1962 aus beruflichen Gründen in Italien ansiedelte, der Vielgereiste, der sein Leben stets mit Wissen angereichert hat, der immer weiter Suchende, spürt in aller Bescheidenheit die Seelenverwandtschaft mit dem Universalgenie und schafft es die Rezipienten in dieses Fühlen mit hinein zu nehmen. Allerdings muss sich die Leserschaft schon Zeit nehmen und sorgfältig lesen.

Helmut A. Niederle schreibt in seiner Nachbemerkung so treffend: „Der Lyriker Karl Lubomirski fordert mit unaufdringlicher Stimme das Innehalten, um aus den einzelnen Augenblicken, die aus dem Geschauten aber auch aus Gedachtem entstehen können, Trittsteine zu formen, die im Strom der Zeit die Furten zu ergeben vermögen, um das Unsichere zu verlassen und das Sichere zu erreichen.“

Man muss diesen Gedichtband schon immer wieder zur Hand nehmen, um sich Gedicht für Gedicht neu einzulesen, um die Dimension des Erlesens wirklich wahrnehmen zu können. Es tut gut sich zeitweilig aus dem hektischen Datenfluss des world wide web herauszunehmen, das stetige Herumfingern auf Displays bleiben zu lassen, den am Handy aufblinkenden News und Terminen einmal keine Bedeutung beizumessen.

Und dann gewinnt die Poesie Raum: …. Man sagt, im Schatten dieses Blauregens und seiner Pergola / hätten Leonardo und sein Fürst gespeist / man sagt / er klettere nun schon siebenhundert Jahre / und rede nur noch mit den Bienen

Und die eigene Seele gewinnt für einen Moment, der sich in die Ewigkeit weitet, jene erkenntnisgesättigte Zufriedenheit, die danach, in den Banalitäten des Alltags, diesen unergründlichen Halt gibt, der etwas Göttliches an sich hat.

 

Rezensentin: Doris Kloimstein

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