Rezension
Gottfried Pixner
Doch gesagt sei es!
Aphorismen und Sprüche
Engelsdorfer Verlag 2022.
154 Seiten. ISBN 978-3-9600-376-4
Der Titel von Gottfried Pixners Aphorismensammlung beginnt mit ‚doch‘, einem aufmüpfigen Wort des Widerspruchs. Denn, so lässt sich der erste Teil des Satzes vom Leser ergänzen, es gibt jede Menge Unzulänglichkeit, Unsinn, Dummheit, Schwäche, Mangel an Charakter usw., woran man leider nichts ändern kann, doch gesagt sei es! Und zwar mit Aphorismen, den ‚Weltverdichtungsformeln‘ (Seite 16). Wie manches vielleicht doch verbessert werden könnte, sei auch nicht verschwiegen. Der kritische Blick auf jedes und alles ist das Thema Pixners. Und auf Grund seines Berufes erteilt sich der Autor selbst die Erlaubnis „bin Chemiker, darf also auch ätzend sein“ (Seite 149). Nicht immer ist er ätzend, oft einfach nur verspielt, denn Aphoristik ist auch „roher Gedanken launige Einkleidungskunst“ (Seite 58). Humor fehlt nie in Pixners Texten, aber die Nachdenklichkeit überwiegt, auch wenn sie wie ein scharfes Messerchen ins Ziel geschossen wird. Ein ungeduldig Schreibender, dem nichts entgeht, wo er auch geht und steht. „Aphoristiker sind die kurzatmigen Vettern der Moralisten“ (Seite 108) heißt es, und dass ein guter Aphorismus wie ein edler Stein zu sein habe – hart aber voll Feuer.
„Stehen Sie zu Ihrer Zeit, aber gegen deren Torheiten!“ (Seite 19) So werden wir ermahnt, die wir alle Zeitgenossen sind. Es wird zwar „mehr geklagt als gelitten“, aber den so sehr unverwöhnten Dichtern sollte doch hin und wieder ein Lorbeerblatt ins Süppchen gegeben werden, „denn etwas Vorschusslob zu Lebzeiten darf schon sein!“ (Seite 27). Da aber „Kultur das ist, was trotz alledem entsteht“ (Seite 47), bleibt die Suppe meistens ungewürzt. Zum ernsten Spiel mit Bildern und Gedanken gesellt sich das Spiel mit der Sprache selbst, dem ein Sprachverliebter wie Gottfried Pixner nicht widerstehen kann zum Beispiel in Wortenthüllungen und Wortverfremdungen: „Voyeurismus ist Sehräuberei“ (Seite 122 oder „Was unsereins im Winter will: Wollige Zufriedenheit.“ (Seite 91). „Globalisierung: globale Banalisierung.“ (Seite 125).
Als Telegrammprosaist mümmelt Pixner, und so schreibt er selber, jeden Tag neu am Weltzusammenhang herum. Aber seine „elegante Leichtigkeit fällt wohltuend ins Gewicht“ (Seite 144), auch dann, wenn es um sehr Ernstes geht: „Was ich mir von der Zukunft erhoffe? Dass es eine solche geben möge!“ (Seite 108). – So ernst sind diese Aphorismen gemeint, deren quecksilbrige Eloquenz das oft verdeckt.
Elisabeth Schawerda