Rezension
Wolfgang Groiss
Ein Halleluja aus Granit
Gedichte und Sinnsprüche.
Ferdinand Berger & Söhne, Horn 2023, 94 Seiten
ISBN 978-3-99137-026-0
„Wandlung“: Wem sagt dieses Wort noch etwas? Man spricht gerne und viel vom Wandel, nimmt Verwandlungen wahr und verwandelt sich selbst, doch die Wandlung ist aus unserem Sprach- und Vorstellungsschatz weitgehend verschwunden, aus unserem Alltag erst recht, zu sehr verweist dieser Begriff auf den Bereich des Sakralen. Wolfgang Groiss stellt ihn ins Zentrum seines neuen Buches: Ein Zyklus von 40 Gedichten – die Zahl ist wohl kein Zufall –, die meisten von ihnen aus zwei bis drei Strophen gebaut und durchgehend gereimt, bildet das Herzstück dieser Sammlung. Vierzig Mal umkreist der Autor darin, quer durch die Tage und Jahre, durch Zeiten der Freude und der Klage, der schweren Mühsal und der schönen Feier ein Geheimnis, für das es keinen Namen gibt und über das man wohl nur in Gleichnissen reden kann. Folgerichtig schließt an diesen Zyklus ein weiterer, ebenso formstreng gebauter an, der die „Weisheit der Gleichnisse“ beschwört und besingt und die Sammlung abrundet.
Es gehört einiger Mut dazu, hier und heute einen solch hohen Ton anzustimmen, wie Wolfgang Groiss es in den vorliegenden beiden Zyklen unbeirrt tut; keinen geringeren Mut aber braucht es, sich völlig ohne Maske und Zierrat zur Ungewissheit des Lebens zu bekennen, wie dies in einem anderen, einzeln stehenden Gedicht der Sammlung geschieht. Es trägt als Titel ein kleines, oft bemühtes, doch selten ernst genommenes Wörtchen: „Vielleicht“. Dieses Gedicht geht mir nahe, geht mir nach, und ich kehre immer wieder zu ihm zurück. Es ist ganz schlicht und gilt für uns alle, auf die eine oder andere Weise, auch wenn wir es nicht immer wahrhaben wollen:
„Ich weiss nicht, ob/ ich morgen vollbringen/ kann, was ich heute/ nicht schaffen konnte:/ Vielleicht bleibt das/ wichtigste Werk ungetan …/ Vielleicht bleibt das/ innigste Wort ungesagt …/ Vielleicht bleibt das/ schönste Lied ungesungen …/ Vielleicht bleibt das/ innigste Gebet ungesprochen …“
Die Antwort, die der Autor gibt, ist Zuversicht, allen bohrenden Fragen zum Trotz, und atmet Gelassenheit: „Morgen werde ich es wissen./ Und ich werde morgen/ ganz sicher/ alles erneut versuchen …“
Es bleibt Wolfgang Groiss zu wünschen, dass auf den vorliegenden Band noch viele weitere Versuche im Sinne dieses Gedichts folgen mögen.
Christian Teissl