Rezension
Georg Markus
Erinnerungen an Gestern
Unbekanntes Bewegendes Amüsantes
Amalthea Verlag 2023, 286 Seiten
ISBN 978-3-99050-262-4
In zehn Kapiteln widmet sich Georg Markus der Vergangenheit und fördert damit noch kaum Bekanntes oder zu Unrecht Vergessenes zutage.
Einige Kapitel beschäftigen sich mit den großen Familien der Habsburger-Monarchie, mit dem Erzhaus selbst, aber auch mit Geschichten und Geschichtchen anderer großer Adelsfamilien, wie den Thun-Hohenstein, den Henckel von Donnersmarck, den Hohenlohe-Schillingsfürst. Einige Nachkommen spielen auch in der heutigen Öffentlichkeit noch eine prominente Rolle, wie Karl Hohenlohe oder Friedrich von Thun.
Ein überraschend tiefer Einblick wird in die Testamente bekannter Persönlichkeiten geboten. So ist zu lesen, dass Kaiserin Maria Theresia unter anderem verfügte, es solle kein Mitglied der kaiserlichen Familie an ihrem Begräbnis teilnehmen, was im Übrigen ignoriert wurde. Aber auch über den letzten Willen Franz Lehárs und Marcel Prawys ist Erstaunliches zu erfahren, sowie ferner, was mit den Vermögen Max Reinhardts, Hans Mosers und Wolfgang Amadeus Mozarts geschah, wobei deutlich wird, dass Testamente auch oder gerade in prominenten Kreisen oft für Sprengstoff sorgen.
Sehr aufschlussreich ist auch das Kapitel „Aus schlimmen Zeiten“, in dem unter anderem über das Schicksal bekannter österreichischer Politiker während der NS-Zeit berichtet wird; so über Leopold Figl, der schweren körperlichen Misshandlungen ausgesetzt war.
Aber auch in die Vereinigten Staaten führen die Berichte. Wer weiß schon, dass John F. Kennedy in Behandlung eines österreichischen Orthopäden, Hans Kraus, stand, welcher seine chronischen Rückenschmerzen erfolgreich behandelte, oder dass das Anwesen Donald Trumps, Mar-a-Lago, noch lange, bevor er es erwarb von dem österreichischen Architekten Josef Urban 1924–1927 entworfen und verwirklicht wurde? Ebenfalls in die Vereinigten Staaten führt die Spur des Malers Franz Bueb, den Jackie Kennedy sehr schätzte, der damals sehr prominent war, heute aber schon weitgehend vergessen ist. Schon aus amerikanischen Tagen rührte auch die Aversion Friedrich Torbergs gegen Bert Brecht her, die dann zum Brecht-Boykott in Österreich führte.
Den Abschluss bilden die Tagebuchaufzeichnungen Marie Valeries, der jüngsten Tochter Kaiser Franz Josephs und Elisabeths, die aus engster familiärer Sicht ihren Vater beurteilt und sich aus unmittelbarer Betroffenheit heraus zum Tod ihres Bruders Kronprinz Rudolf und ihrer Mutter Elisabeth äußert.
Da das Heute immer auf dem Gestern fußt, tragen Georg Markus’ „Erinnerungen an Gestern“ auf amüsante und auch informative Weise zum besseren Verständnis des Heute bei.
Bernhard Heinrich (2023)