Rezension
Mario Andrea Rigoni
Gespräche mit meinem Dämon
Gedichte, aus dem Italienischen von Franziska Raimund.
Edition Pen Löcker, Wien 2022, 114 Seiten
ISBN 978-3-99098-125-2
Franziska Raimund haben wir es zu verdanken, dass es diesen einzigartigen Gedichtband für eine deutsche Leserschaft gibt! Rigoni war Professor für Italienische Literatur in Padua, Essayist, Kritiker, Autor, Übersetzer von E.M.Cioran, Kulturberichterstatter für “Il Corriere della Sera“ usw. Er verstarb am Tag der Beendigung dieser Übersetzung 2021 in Biadene di Montebelluna.
Er ist ein kritischer, mit sich selbst unzufriedener Dichter, der (Zitat S. 9: „Epitaph / Er hasste sich, er verachtete sich, aber er liebte und wurde geliebt: / dies war das Paradoxon seines Geschicks.“
In „Tierhaftigkeit“ S. 57 denkt er über die Taten nach, die wie Prankenhiebe sind und die Worte wie Gebrüll. Er beginnt: “Viele sagen mir, dass ich ihnen etwas / gegeben habe, manchen sogar sehr vielmehr. / Aber ich weiß, dass ich vielen auch Schmerzen / zugefügt habe, und dies ohne es zu wollen. / …“
Rigoni verteidigt sich, sein Leben, Lieben und Wirken genauso wie er Pontius Pilatus oder Caesar sich verteidigen lässt. Er ist Skeptiker und sieht im Skeptizismus die edelste und wahrhaftigste Philosophie. Er durchleuchtet das menschliche Leben und sieht, dass es vom Dämon grausam und spöttisch „geleert“ wird. Vielleicht war das Gedicht S. 94 der Anlass für den Titel des Bandes.
Er sieht den Zerfall und das Verrotten. Und doch gibt es wieder Konstante, sei es die kurze Verweildauer der Liebe, seien es die Bücher, sei es die Amsel, der Löwenzahn, der Berg. Jedenfalls ist der Berg einer, „der dich anschaut mit einem starren und heimlichen Blick von Dauer, / er überlebt Generationen und Jahrtausende, währen deiner, beweglich und flüchtig, / nur eine kurze Zukunft hat …“.
Und trotzdem ist die Welt Rigonis nicht düster, sie ist offen und nicht verstellt. Ein philosophisches, poetisches Werk, voll des Abwägens zwischen Täuschung und Wahrheit!
Eva Riebler