Rezension
Hannes Vyoral
Ostinato
Ein Tagebuch.
Verlagshaus Hernals, Wien 2022, 130 Seiten
ISBN 978-3-903442-11-5
„Ostinato“, ein neuer beeindruckender Gedichtband des in vielen Sparten aktiven und weithin bekannten Autors Hannes Vyoral ‒ verfasst, „in stillen Stunden“, die der Autor so „schätzt“ (S. 64), gerichtet an Leserinnen und Leser, für die Gedichte noch Gewicht haben – auch wenn sie scheinbar schwerelos über „wörterwiesen“ hin tanzen oder sich unvermutet aufs „glatteis“ begeben. Es sind durchwegs farbige, einprägsam-atmosphärische Texte; Augenblicks-Aufnahmen, die den Verfasser so fesselten, dass er nun seine Leser daran teilhaben lässt.
Vyorals Umfeld, die ländliche, noch weitgehend unverbaute Natur, ist ihm wertvolle, unerschöpfliche Inspirationsquelle. Klug und liebevoll werden die so entstandenen Texte zu einem berührenden Tagebuch gebündelt, die im Leser ihr Echo wachrufen. Es handelt sich zumeist um Impressionen aus dem Burgenland – insbesondere aus dem Seewinkel, siehe Text schmelztiegel seewinkel: “die hitze hat etwas dunkles / bei so viel wasser in der luft … / was du für seen hältst …/ sind bleichgrün-gelbe / weizenfelder, darüber grau / das himmelsblau ersetzt / und die entfernungen /verschmelzen lässt“ (S. 12).
Der Ablauf der Jahreszeiten spiegelt sich eindrucksvoll in den meist nicht allzu langen Gedichten wieder, die bisweilen an Haikus (doch ohne deren strikte Silbenvorgabe) denken lassen. Kurz und bündig zwar, doch kurz und gut, getragen von poetischer Kraft! Freilich bedarf es längerer genauer Beobachtung, um die „Seele“ dieser noch dörflichen Landschaft zu entdecken. Jeder neue Jahreszeitenzyklus bringt erstaunlich Wandelbares zum Vorschein und lässt so das Unfassbare hinter dem Fassbaren erahnen, mitschwingen.
Und nicht nur wie Hannes Vyoral, der wie in einem Kokon ruhend, seine Gedanken in die Welt aussendet, verwandelt sich auch der mitbeobachtende Leser und findet sich bald mitgetragen, mitgeformt – eingefügt in eine wohltuende tiefere Weltschau. Im Gedächtnis verbleiben sicher auch die einprägsamen Wortschöpfungen sowie der große Wortschatz des Autors: Ein Buch zum Lesen – und Wiederlesen!
Brigitte Pixner