Rezension

Eva Kittelmann

Die Quadratur der Stunden

Poetische Reminiszenzen
Verlagshaus Hernals, Wien 2022, 125 Seiten
ISBN 978-3-903442-26-9

Diese Quadratur ist die achte der Reihe. Wir kennen Eva Kittelmanns unerschöpfliche Kreativität, ihre Schreiblust und ihren Schreibfleiß. Mit den Quadraturen hat sie eine Form für sich gefunden, mit der sie beides vermag: sich zu disziplinieren und sich auszutoben. In kurzen Intervallen folgte ein Bändchen auf das andere, immer sogfältig und ästhetisch ausgestattet. Nun sind es die Stunden, die sie zum Thema wählte.

Was dem grausamen Ablauf der Zeit und den verschwendeten Stunden in der Tat widerstand, war und ist das Schreiben. Es gibt ein Leben und es gibt das Leben des Schreibens, und dieses ist das dauerhafte. Die zahllosen Stunden der vielen Jahre, die real erlebten, die geträumten, die in Wunschvorstellungen imaginierten und die Angstfantasien, die in der weiten Welt der Bücher verbrachten Stunden, die Meditationen und vor allem das Schatzhaus der Erinnerungen: welch ein Reichtum. Wir gehen als wandelnde Museen um & Galerien mit Schätzen, die unter unseren Stirnen ruhen mit Melodien, Büchern, Namen. Diese Museen und Bibliotheken ruhen aber nicht nur unter Eva Kittelmanns Stirn. Sie ruhen vielmehr in ihrem Herzen und durchpulsen ihren Blutkreislauf. Sie sind ihr Lebenselixier, ihre Ressourcen und ihre kreatürliche Lebensbedingung.

Eva Kittelmann beginnt bei der Stunde null zu erzählen, als ihr Leben begonnen hat. Aufgeschrieben mit leichter Hand, die Gedanken fließen, die Einfälle sprudeln, die Feder kratzt nicht, läuft, springt, manchmal übermütig, manchmal ernst, aber nicht schwermütig, und nie um ein Wort, eine Metapher verlegen, heftig in Bewegung. Was geht vor in dieser Dichterin? Vieles zugleich. Fliegend wie ein Fabelwesen, spielerisch und zaubernd. Hätte gern zu schreiben vermocht wie die Flamme am Docht flackernd und launig. Aber genau so – und auch anders – schreibt Eva Kittelmann.

Sie beschreibt uns viele Stunden ihres Lebens, nicht jede war eine „hora felix“. Aber sie vermag auch die schweren Stunden unglaublich selbstmitleidslos zu schildern. Abstand? Die Lust zu fabulieren, auch wenn es um Wahres geht? Es geht sehr oft um Wahres in diesen Texten, das macht sie so berührend.

Ein teilweise heiteres Postludium nennt Eva diesen achten Band der Reihe. Ich lege ihn meinen Freunden als ein lyrisch-prosaisches Vermächtnis an das Herz lesen wir auf dem Deckblatt des Buches. Vielleicht ist dieser Band der heiterste und auch der persönlichste. Aber was bedeutet Heiterkeit? Mit Leichtigkeit und dennoch Tiefe über Ernstes zu schreiben.

Dieses „Postludium“ – aber es ist zu bezweifeln, dass es ein solches ist – bereitet mit seinen überraschenden Einfällen und köstlichen Formulierungen ein besonderes Lesevergnügen.

 

Elisabeth Schawerda

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