Rezension
Walther Menhardt
Am ersten Tag des Endes
Roman
Bibliothek der Provinz 2023, 316 Seiten
ISBN 978-3-99126-149-0
Schon in den ersten Zeilen des Romanes kündigt sich das Schicksal bedrohlich an, und die Zerstörung einer wohlgeordneten, kultivierten, durch Anstand und Bildung geprägten „Welt von gestern“ nimmt unabwendbar ihren Lauf. In feiner, sensibler Beschreibung führt uns der Autor in eine Familie ein, die sich allabendlich im Esszimmer der alten Villa versammelt, wo „grand-mère“ in liebevoller Strenge alte Ideale hütet. Auch wenn diese nicht mehr zeitgemäß sind, so bestimmen sie doch die Atmosphäre des Hauses und der Familie bis in die Persönlichkeiten der nächsten Generationen.
Eine Firma war erfolgreich aufgebaut und zu einer harmonischen, gut funktionierenden, engagierten Gemeinschaft von Arbeitern und Angestellten entwickelt worden. Alles läuft gut für Gumbrigg, den Besitzer, bis zu jenem Tag, der der erste des Endes ist. Neid, Hass, Betrug brechen in das System ein. Freundschaft wird zu Feindschaft.
Die Handlung wird sachlich und doch zu Herzen gehend erzählt, dem Wesen Gumbriggs entsprechend, der ein zurückhaltender Mensch ist, der seine Tiefen nicht preisgibt. Präzise wie die Sprache sind auch die Psychogramme sämtlicher Personen. Der Spannungsbogen reicht bis in die letzten Zeilen des Romans, und das Ende ist trotz all des Verlustes, des Zusammenbruchs einer schönen, geliebten Welt kein trostloses, verzweifeltes. Denn die „Menschen mit alten Gefühlen“ werden sich nach und nach „in neuen Zeiten“ zurechtfinden.
Elisabeth Schawerda (2024)