Rezension
Klaus Ebner
Schwarzlicht
Lyrik
Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt, BRD, 2021. 108 Seiten
ISBN: 978-3-754301166
Der erste Eindruck ist sehr bestechend durch das anziehende Bild am Einband. Es ist sofort erkennbar, dass es sich um eine außergewöhnliche Situation einer Weltraumfahrt handelt, nämlich der Blick auf die Erde, wo die Sonnenstrahlen gerade den leicht gerundeten Horizont übersteigen. Die Grafik stammt von Arek Socha auf Pixabay.
Die Texte sind in freien Rhythmen verfasst und ohne wesentliche Satzzeichen, manchmal kleine Pfeile. Das letzte Wort eines Gedichtes ist gleich dem Anfangswort des folgenden Gedichtes. So sind die Texte in einer gewissen Verbindung, ein Wort reicht dem anderen die Hand. Es wird geschildert was ein Astronaut in einer Raumkapsel bei einem Flug bis hinter dem Monderlebt.
Der Abflug wird durch Elektronik kontrolliert, angeblich ausfallssicher überprüft. Für den Astronauten ist es als ob ihm die Kontrolle aus der Hand glitte. Es umfängt ihn absolute Ruhe, er ist ganz auf sich allein gestellt.
Er spricht einen inneren Monolog. Worte, die von niemanden gehört werden, anklagende Worte an anonyme Personen, die nur für sich geplant und der Erde geschadet haben. Die Menschen haben viel getan, Schüler viel gelernt, nachgeplappert, aber nichts vollbracht. Nichts getan, dass grüne Flecken weniger verblassen oder Regenwälder erlöschen. Der Meeresspiegel steigt, der Abfall ist aus dem Sichtfeld geglitten. Die hehren Worte wurden niemals verwirklicht. Die Zerstörung ist schon weiter fortgeschritten als man wahrhaben will, innerlich zerfressen ist die Welt, aber Frohsinn wird vorgegaukelt.
Bald ist die Erde nur mehr ein blasser, blauer Punkt im All und die Fahrt geht weiter in Richtung der dunklen Seite des Mondes. Es bricht der Kontakt zum Kontrollzentrum ab, es tritt totale Stille ein. Die Wissenschaft nennt diesen Zustand „Blackout“. Nun schimmert nur das Schwarzlicht über den Armaturen. Dieser Zustand ist ein ganz unbekanntes Gefühl, die Stille nimmt die Kapsel in Beschlag, es ist weder Ankunft noch Rückkehr, alles ist ausgelöscht, das Wissen, die Erinnerung und alles, was mal war.
Aus dieser totalen Dunkelheit kann ein Neustart entstehen, ein Weg zu einem „DU“. Er hört ihre Stimme, ergreift ihre Hand, im Vertrauen werden sie den Anfang schaffen. Es entstehen einige Liebesgedichte, wie zum Beispiel, Seite 66:
„Monitore nutzlos
wenn die Sprache aus dem Rahmen
fällt
das Du
steht frei im Raum
so dicht
so warm
so nah“
In Zuversicht sendet er die erste Nachricht auf die Erde: „es ist noch nicht zu spät“. Gemeinsam wollen sie den Anfang schaffen, neue Wälder pflanzen, neue Farben, neue Frische in die Welt bringen, eine Revolte ist angesagt. Überleben heißt der Plan – Gewässer säubern, Wälder retten, Lebensvielfalt wahren, Stoffe aus Natürlichkeit erfinden, Energien aus der Sonne und Gezeiten nutzen. Alles wird in eine Symphonie münden, mit Cello, Violinen und Flötenklang (Seit 103). Der Autor hat die Vision einer ganzheitlichen Erneuerung der Welt, welche mit der Hilfe eines gleichgesinnten „DU“ gelingen kann.
Das erste Wort „Hoffnung“ schließt als letztes Wort den Gedichtzyklus wieder ab:
„Zuversichtlich
engumschlungen aufgetaucht
die Sonnenstrahlen künden neue
Hoffnung“
Ilse Pauls