Rezension
Simon Konttas
Stille Stunden
Gedichte
Sisyphus 2024, 100 Seiten
ISBN 978-3-903125-88-9
In seinem neuen Gedichtband gelingt es Simon Konttas meisterhaft, Vertrautes in Fremdes, Überraschendes, Irritierendes, Widersprüchliches zu verkehren. „Und was leblos, selbstverständlich, hebt auf einmal an zu leben“, wie es im titelgebenden Gedicht heißt. Der Autor ist einer der talentiertesten Lyriker seiner Generation und aufmerksamer Beobachter, der das Besondere, zutiefst Menschliche in alltäglichen Begegnungen kunstvoll freilegt. Und so rühren der junge Student, das hübsche Mädchen, die Nonne, der Bursche mit dem Kinderwagen, die Frau mit dem alten, blinden Hund den Leser zutiefst. Auch Landschaften und seelenlosen Dingen haucht Simon Konttas in starken, vieltönigen Stimmungsbildern Leben ein, mitunter leise oder gar zärtlich, dann wieder beinahe überschwänglich. In den erzählenden, mal gereimten, mal im freien Versmaß verfassten Miniaturen dringt das facettenreiche lyrische Ich bis zu einer grundlegenden menschlichen Wirklichkeit vor. Die Gedichte sind keineswegs nur Abbild flüchtiger Befindlichkeiten, sondern beanspruchen eine Allgemeingültigkeit, die den Leser einlädt, zu protestieren oder zuzustimmen, wie Simon Konttas in seinem Nachwort schreibt. Meist brechen plötzliche Wendungen in die Texte ein, welche die Worte umkehren, von der Unruhe in die Stille, von der Schwere in die Leichtigkeit, von der Schönheit ins Grauen. Die Sprache des Autors ist klar, schnörkellos, durchwegs zielgenau und gerade deshalb von großer Schönheit und Strahlkraft. Da gibt es sinnliche Benommenheit, zufallende Augen, harte Herzen, Liebende, fahles Licht, unermessliche Weite. Den Leser von „Stille Stunden“ erwartet eine poetische Reise, an deren Ende eine tiefere Erkenntnis des Menschseins steht.
Astrid Kohlmeier (2024)