Rezension
Susanne Ayoub
Susanne Ayoub: Podium Porträt 118
Lyrik
Podium, Wien 2021, 64 Seiten
ISBN 978-3-902886-67-5
Band 118 der Podium-Porträt-Reihe ist der Autorin und Filmemacherin Susanne Ayoub gewidmet. Die Aufmachung der kleinen, feinen Büchlein ist seit vielen Jahren unverändert; Gestaltung, sorgfältiger Buchsatz, ein Autorenfoto sowie das einführende Geleitwort zeugen von gewohnt hoher Qualität. Die Einführung stammt diesmal von Geoffrey C. Howes, seines Zeichens emeritierter Universitätsprofessor für deutsche Sprache und Literatur in Ohio. Kurzbiografien und bibliografische Angaben von Ayoub und Howes sind selbstverständlich enthalten.
Bei jedem Buch der Porträt-Reihe empfehle ich, es mit dem Vorwort zu beginnen. Dessen Gedankentiefe und Ausführlichkeit, bei Howes immerhin acht (von insgesamt nur vierundsechzig) Buchseiten, führen nicht nur in die Bücher der besprochenen Autorin oder des Autors ein, sondern bieten auch jenen Lesenden, die mit dem Werk bereits vertraut sind, stets Neues, bislang unbekannte Details und Wissenswertes.
Die Themen von Susanne Ayoubs Lyrik sind durchaus gestreut, doch dreht sich vieles um den Themenkreis Zweistromland und Irak. Ayoub, Tochter eines irakischen Vaters, verbrachte die ersten Lebensjahre in Bagdad, und diese Wurzel lässt sie nicht los, auch wenn sie ihr gesamtes übriges Leben in Österreich verbrachte. Das ist gut so, denn es beschert uns ein reichhaltiges lyrisches Panoptikum, in dem die Autorin sich einerseits mit altmesopotamischen Mythen auseinandersetzt und andererseits die bewegte und leider auch von Kriegen geplagte Realität des modernen Irak anspricht und aufzeigt. Bei all diesen Themenkomplexen befasst sich Susanne Ayoub in vielfältiger Weise auch mit der Kulturgeschichte und der Lebenslage der Frauen.
Wahrscheinlich schreibt jeder Lyriker irgendwann in seiner Laufbahn einmal Liebesgedichte. Das trifft gleichermaßen auf Susanne Ayoub zu. Aus dem Buch Von der erfüllten, von der enttäuschten, von der vergangenen Liebe stammen diese Zeilen: »(…) Du sprichst nicht laut/doch klug/du liebst das Lesen/ganz wie ich/Buch an Buch/und Herz an Herz/so sitzen wir einander gegenüber (…)« (S. 24).
Ganz anders die Gedichte im Buch Im Krieg, das sich mit den kriegerischen Auseinandersetzungen im Irak und persönlichen Bezügen der Autorin beschäftigt. Es ist eine ganz andere Darstellung als jene, die man aus den Medien kennt, und kleine Details – auf Ayoubs Erlebnissen und Bekanntschaften beruhend – machen atemlos und vor allem: nachdenklich.
Die Podium-Porträt-Reihe stellt ausschließlich Gedichte vor. Diese machen neugierig auf mehr, und Susanne Ayoub blickt auf mehrere Lyrikpublikationen zurück, die in verschiedenen Verlagen, etwa bei Löcker, erschienen sind. Darüber hinaus schreibt sie Romane, zumeist bei Hoffmann und Campe oder Braumüller veröffentlicht, Theaterstücke, Hörspiele und Drehbücher. In ihren filmischen Arbeiten setzt sie sich mit kulturellen und kulturpolitischen Themen auseinander. 2014 erhielt sie den Dr.-Karl-Renner-Preis für Publizistik.
Das Gedicht In diesem Garten stammt aus dem Zyklus Sprichst du mit mir und nimmt Bezug auf das Gilgamesh-Epos: »Karneoltraube/Lapislazuliblatt/der Zedernstamm Tigerauge/schwarz weiß gestreifter Ast/die Nadel Meereskoralle/der Zapfen rötlicher Achat/Keine Dornen und Disteln/Kristalle« (S. 37)
Klaus Ebner