Rezension

Etela Farkasova

Szenario

Roman

Aus dem Slowakischen übersetzt von Univ.Doz.Dr. Elena Ehrgangová

Pilum Literaturverlag, Strasshof 2021, 392 Seiten, ISBN 978-3-99090-032-1

 

Etela Farkasovás neuester Roman – fünf ihrer Werke sind bereits in Österreich erschienen – ist ein schweres Buch, in mancherlei Hinsicht. In einem schönen dunklen Blau gestaltet, mit Hardcover, bester Papierqualität und 392 Seiten hat der Roman Gewicht. Doch schwer ist auch das Leben der beiden Protagonisten – Katharina und Vojto. Sie sind wohl offiziell in Pension, arbeiten aber noch, Katharina als Übersetzerin, Vojto, als ehemaliger Professor, geht nahezu täglich ins Labor. Während der Romanzeit sieht man ihnen beim Altern zu. Und es ist kein schönes Altern. Eine eigenartig beklemmende Atmosphäre herrscht in der Beziehung der beiden. Einmal ist sie zornig, einmal ist er mürrisch; sehr oft jedoch ist sie vorwurfsvoll und er bemüht sich um einen versöhnlichen Ton. Unzufriedenheit liegt in der Luft. Und es ist lange nicht nachvollziehbar, woher diese eigentlich herrührt. Das Paar hat zwei beruflich sehr erfolgreiche Söhne; allerdings - der dritte Sohn ist anders, war immer anders, er ist irgendwie ‚missraten‘. Immer wieder fühlten und fühlen sich die Eltern von ihm überfordert; diese Überforderung steigert sich im Verlauf der Zeit sogar zu Angst vor dem Sohn und vor seinen heftigen verbalen Attacken ihnen gegenüber.

In diesem Leben, in dem sich nichts mehr bewegt, gibt es einen Lichtblick, das sogenannte ‚Szenario‘. Katharina und Vojto suchen alte Schallplattenaufnahmen heraus, erinnern sich beim Hören an die Stätten, wo sie diese Musik gemeinsam gehört haben. Jeder notiert für sich die Musikstücke, die für ihn im Leben bestimmend waren. Da kommt so etwas wie Frieden auf.

Doch das ‚Szenario‘ des Alltags bricht immer wieder über die beiden herein; sogar die pompöse Geburtstagsfeier des ältesten Sohnes gibt Anlass für einen heftigen Wortwechsel zwischen dem Paar. Katharinas Ärgerbereitschaft führt früher oder später auch auf Seiten von Vojto zu Verärgerung.

Doch plötzlich kommt – von außen - Bewegung in das freudlose Leben des Paares. Der Enkel des jüngsten, ‚missratenen‘ Sohnes tritt überraschend in ihr Leben. Katharina zeigt plötzlich zärtliche Seiten. Lebensfreude zieht ins Haus ein. Doch so plötzlich wie sie eingezogen, zieht sie mit dem Weggang des Enkels auch wieder aus. Wiederum verbreitet sich Trostlosigkeit im Haus. Nicht einmal die Musik kann mehr Trösterin sein.

Nach und nach gibt es konkretere Andeutungen, dass bei der Geburt des Jüngsten etwas schiefgelaufen ist; es gab da irgendein Vorkommnis, und dieses – so vermuten die Eltern – sei Ursache für die ewige Widerspenstigkeit des jüngsten Sohnes. Kurz vor Ende des Romans erfährt der Leser/ die Leserin, was dieses Vorkommnis war. Im Vergleich zu der Last, die Katharina und Vojto seit diesem Vorkommnis mit sich tragen, wirkt es marginal, und umso stärker scheint die Tragik einer lebenslang gestörten Eltern-Kind-Beziehung.

Zum Ende herrscht nur mehr Leere und Angst – Angst, der missratene Sohn könne nicht kommen, Angst, er könne kommen.

Und all das ist schwere Kost. Die beiden Protagonisten sind keine Sympathieträger, man muss sie wirklich begleiten wollen. So altern wie sie möchte man nicht.

Es ist der Autorin gelungen, ein deprimierendes Leben exakt als solches zu zeichnen.

 

Rezensentin: Claudia Taller

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