Rezension
Gerta Ubl-Fahrngruber
Weihrauch, Wein und wilde Rosen
Eigenverlag, Wien 2018, 92 Seiten
Die in diesem Band gesammelten Gedichte versuchen keine Realität darzustellen, es ist eine Welt aus Worten, die sich bei erster Betrachtung sogar absichtlich jeder Realität zu entziehen versuchen.
Bei näherer Auseinandersetzung kann jedoch festgestellt werden, dass es durchaus Bezüge zu unseren alltäglichen Erfahrungen gibt.
Das Wort ist etwas, womit wir täglich Umgang haben, es wird üblicher Weise nur anders geordnet und fließt nicht, wie hier, in unendlichen Variationen und Assoziationen dahin. Es gruppiert sich prägnanter und übersichtlicher in kürzeren Sätzen und wohlvertrauten Zusammenhängen. Das ist hier nicht der Fall, in diesen Gedichten, die sich auch oft lyrischer Prosa annähern, wird alles durcheinandergeworfen, widersprüchlich, in ungewohnten Vergleichen und Bildern. Aber dennoch entstehen Flächen und Linien, die zusammengehören. Die Gedichte haben einen eigenen Ton. Im Gedicht „Verreise ins Traumland du“ überwiegt das Heitere und Neugierige:
„verreise du ins traumland mit onkeln und
tanten bunt gezeichnet sind die ziele
in vergilbten atlanten
hebe und strebe aus dem gepäcksnetz
was dir verborgen die taschen voll glück
hin und zurück
und trachte und trachte nach zielen die blau dir
die sehnsucht bemalen und koffervoll münzen
bezahlen die reise ins traumland dir
schließ dein gepäck schließ deine augen“
Im Gedicht „Fisch sein“ überwiegt das Gemarterte und Bedrohliche:
„wühlt mir im blut der stummschrei
der gefangenen und weiße bäuche
schlagen sich nach oben“
Im letzten und längsten Gedicht „Südliches Weinland“ wird über viele Seiten die Stimmung in einer von Wein und Ernte bestimmten Landschaft geschildert, die an keine konkrete Gegend gebunden ist, wobei sehr weit auseinander liegende Assoziationen verwendet werden, wodurch aber eine intensivere Stimmung erzielt, wird als bei einem genauen Bericht. So verbinden sich in den Gedichten von Gerta Ubl-Fahrngruber sehr wohl realistische Elemente mit einer ungewöhnlichen Wortwahl und Gedankenverbindungen, die aufhorchen lassen zu Wortkaskaden, in denen unsere täglichen Erfahrungen konterkariert werden, aber dennoch enthalten sind. Die Gedichte sind und sind doch nicht aus unserer Realität - und das macht den Reiz aus.
Bernhard Heinrich