Rezension
Elisabeth Schawerda
Am Ufer einer Jahreszeit
Vierundzwanzig Gedichte mit Offsetfarblithografien von Ingrid Brandstetter
Edition Thurnhof, Horn: oxohyph 2020 - Band 3, 37 Seiten
ISBN 978-3-900678-50-5
Vierundzwanzig Gedichte – vierundzwanzig Gedichte? – es sind viel mehr!
Ein jedes Gedicht verführt zum Weiter-Denken, zum Weiter-Träumen; verweilen wollen wir bei jedem Gedicht, die Zeit fließt dahin; und am Ende des schmalen Bandes meinen wir, einen großen Schatz an Gedichten gehoben zu haben – und beginnen von Neuem.
Umsichtig heben wir einen Schatz nach dem ander‘n ans Licht, drehen und wenden ihn; lassen eig‘ne Bilder entstehen. Gibt es etwas Schöneres von Gedichten zu sagen, als dass sie in uns Welten erschaffen?
Der Titel des Bandes ‚Am Ufer einer Jahreszeit‘ führt uns zum Meer, zu Flüssen, auch nach Venedig. Zwei Gedichte nehmen explizit Bezug auf diese Stadt, in welcher Elisabeth Schawerda auch wohnhaft ist.
Über die Idee der Verknüpfung von Ort und Zeit - Ufer und Jahr - entwickelt die Autorin den Spätherbst als Ufer einer Jahreszeit. Und über diese Jahreszeit findet sie zu wunderbaren Bildern des Weinbergs, des Reifens, aber auch des nahenden Frostes und des Todes.
Man sollte über Gedichte nicht schreiben, man sollte sie lesen. Die Gedichte von Elisabeth Schawerda muss man lesen.
Nachtrag:
Auch die Hülle dieses Bandes muss hervorgehoben werden. Zartes Grün, aus dem ein nachdenkliches, ein schwermütiges Gesicht versucht, mit uns Lesenden Kontakt aufzunehmen, umhüllt ein schlichtes, weißes Innenleben, verknüpft mit weißem Garn. Ton in Ton mit der Hülle ist auch das Lesezeichen gestaltet. 400 Exemplare gibt es von diesem schönen Band; alle sind sie signiert von Autorin und Zeichnerin.
Und die Zeichnerin, Ingrid Brandstetter, muss hervorgehoben werden. Ihre Offsetfarblithografien sind behutsame Begleiterinnen der Gedichte von Elisabeth Schawerda. Mit ruhigen, herbstlichen Farben – einem gedämpften Rosa und kräftigem Grün – begleiten die Bilder, ‚bebildern‘ nicht. Diese Gedichte bedürfen keiner Bebilderung. Sanft stellen die Zeichnungen von Ingrid Brandstetter – halb angedeutete Porträts und Figuren - Bezüge her zu den Worten von Elisabeth Schawerda.
Rezensentin: Claudia Taller